Donnerstag, 24. Oktober 2013

Brauchen Kinder Spielzeug?


Seit der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Freies Lernen packt mich zunehmend ein Gefühl des Unbehagens, wenn ich darüber nachdenke, wie Räume speziell für Kinder gestaltet werden, sei es in Krabbelgruppen, in Kitas, in Schulen oder auf öffentlichen Flächen.
 
 
Meine ablehnenden Gefühle gegenüber vorgefertigten Lernumgebungen begründete ich bisher mittels der Erkenntnis, dass mit Spielsachen und pädagogisch intentionierten Materialien ausgestattete Räume nichts mit dem "realen Leben" zu tun haben. In vielen Kitas und Schulen wird den Kindern lediglich eine Simulation der wirklichen Welt angeboten. Es ist neben der Homogenität der betreuten Gruppen (Kann man eine Altersmischung von 3 Jahren wirklich als heterogen bezeichnen?) auch die Auswahl der zur Verfügung stehenden Materialien, die eine verzerrte Sicht auf die Welt außerhalb der Einrichtung schafft.

Diese Einsicht führt mich unweigerlich zu der krassen Schlussfolgerung, dass Einrichtungen, die ausschließlich von Erwachsenenhand nach ihren eigenen Vorstellungen (seien sie noch so alternativ und fortschrittlich) speziell für Kinder entworfen und gebaut werden, abzulehnen sind, da sie eine Scheinwelt schaffen, in der nur minderwertige Abbilder der wirklichen Welt (Natur, Werkstätten, Museen, Konzert- und Theaterhäuser) entstehen können. Auch durch so genanntes "altersgerechtes Spielzeug", das die Regale der Einrichtungen füllt und meist "ungefährliche" (dadurch aber unrealistische und für den eigentlichen Zweck unbrauchbare), "optisch ansprechende" (meint schreiend bunte) und oft qualitativ minderwertige Eigenschaften besitzt, werden dem Forscherdrang der Kinder unnatürliche Grenzen aufgezwungen und sie selbst werden dazu verdammt, auf die Ebene des ewigen Simulierens wirklicher Tätigkeiten zu verharren. 

Um Kindern Kontakte mit der wirklichen Welt zu ermöglichen, wird derzeit die Forderung gestellt,  "Kinderbetreuungsstätten nach außen zu öffnen". Für mich klingt es wie ein Eingeständnis der Abgeschottetheit und Isoliertheit solcher Einrichtungen und ist ein wahres Armutszeugnis. 

Sollte der kindliche Entdeckungsdrang nicht genau anders herum Befriedigung erhalten? Zuerst werden Beobachtungen gemacht, dann wird das Erlebte "nachgespielt"?

Der Text "Orte der Kindheit - Orte für Kinder" von Wolfgang Bort (hier nachzulesen) eröffnete mir eine neue Sichtweise auf den Begriff des Lernortes.
Im Text von Wolfgang Bort heißt es unter anderem: “Kinder brauchen räumliche Gelegenheiten, ihre Erregung und Entspannung selbst zu regulieren."

Dienstag, 22. Oktober 2013

Meine Geschichte


Im folgenden Artikel erzähle ich zunächst von meinem Lebensweg nach der Schulzeit. Er soll exemplarisch aufzeigen, dass auch für eine scheinbar angepasste Schülerin mit guten Noten der Abiturabschluss kein Garant für eine erfolgreiche oder stringente berufliche Karriere ist und dass eine Schulausbildung die Persönlichkeitsentwicklung sogar erheblich hemmen kann.
Wie ich erst später durch die Erfahrungen mit meinem eigenen Kind zu der Erkenntnis kam, dass ich durch das fremdbestimmte Lernen in der Schulzeit keine Möglichkeit hatte, bis zum Abitur eine berufliche Tätigkeit zu favorisieren und warum diese Einsicht für mich den Knackpunkt für eine veränderte Sichtweise auf das Lernen darstellte, davon will ich hier berichten.


Von oben aufdiktierte Wissensvermittlung bestimmte mein Lernen vom Schulanfang 1991 im sechsten bis zum Abitur 2003 im 18. Lebensjahr. Ich war eine Einser-Kandidatin. Ich hatte verstanden, wie ich zu guten Noten kommen konnte. Mit einem top Abitur in der Tasche war es für mich jedoch unmöglich, aus mir selbst heraus meinen wirklichen Interessen entsprechend zu entscheiden, wie ich mich beruflich entwickeln wollte. Die Möglichkeiten schienen mir unendlich groß und mich interessierte einfach alles, was das wahre Leben außerhalb der Schule zu bieten hatte.

Mein erster und stärkster Impuls nach dem Schulabschluss war, eine Tätigkeit ganz frei von Lernzwängen weit weg von zu Hause aufzunehmen. Im Au-Pair-Jahr fand ich Zeit, mich ganz ungestört und ungelenkt auf neue Menschen und Interessen einzulassen. Doch schon bald musste eine Entscheidung gefällt werden. Es war klar, dass ich studieren würde. Ich stellte meinen durch den Abiturabschluss vorbestimmten Weg nicht in Frage. So schrieb ich mich für ein Lehramtsstudium in Potsdam ein.
Die Au-Pair-Arbeit mit all den Eindrücken und Erlebnissen im Ausland wurden von mir damit zum einmaligen Abenteuer degradiert, das mich vom erreichen meines eigentlichen Ziels, nämlich das Studium möglichst bald abzuschließen um Lehrerin zu werden, fern hielt. Somit war die verbleibende Zeit nicht von weiteren bereichernden Erfahrungen, sondern von Langeweile und das Warten auf die Rückkehr geprägt. 

Das Studium war nach der Schulzeit eine neue Phase fremdbestimmter Wissensvermittlung. Auswendiglernen und unkritisches Übernehmen von vorgefertigtem Wissen bestimmten meine Studienzeit und ich versuchte, den Ansprüchen der Professoren so gute es ging gerecht zu werden, weil ich es nicht anders kannte. So gehörte ich zum guten Leistungsdurchschnitt der Studenten. 
Doch wieder stellte sich der Wunsch nach Veränderung ein und ließ mich ein zweites Mal ins Ausland flüchten, diesmal unter dem Deckmantel eines Erasmus-Auslandssemesters. Dies bot mir noch mehr Möglichkeiten neue Bekanntschaften zu knüpfen und eigenen Interessen nachzugehen. Auch in diesem Auslandsaufenthalt holte ich zunächst all das nach, was ich zu Hause vermisste, tat einfach nur das, was ich wollte und stürzte anschließend in ein Loch der Langeweile und des Absitzens der Zeit bis zur unweigerlichen Rückkehr ins für mich selbst gewählte, weitgehend fremdbestimmte Studentenleben.

Durch die Erfahrungen im Ausland, den Duft der Freiheit und den dadurch wachsenden Zweifeln an der richtigen Wahl meiner Lehramtsausbildung war ich endlich gezwungen, über meine wahren Interessen nachzudenken. Als ich feststellen musste, dass ich keine Ahnung hatte, was ich eigentlich wollte und den finanziellen, familiären und gesellschaftlichen Druck spürte, endlich einen anständigen Beruf ausüben zu müssen, stürzte ich in ein tiefes Loch der Ohnmacht und des Gefühls der Fremdbestimmung und Perspektivlosigkeit. Ich hatte mit meinem bisherigen Bildungsweg an diesem Punkt abgeschlossen und mir wurde klar, dass ich mein Lernen selbst in die Hand nehmen musste. 
Mit Hilfe dieser Erkenntnis absolvierte ich zwar ohne echtes inhaltliches, aber durch Existenzängste motiviertes Interesse meinen nur kurz bevorstehenden akademischen Abschluss und ging dann in ein sechsmonatiges Praktikum, bei dem ich gemeinsam mit drei weiteren Kollegen Kinder beim Spielen im Wald betreute. Diese Tätigkeit in der Natur mit begeisterten Kollegen und die Welt entdeckenden Kindern befreite mich vom Druck der vergangenen Jahre.

Die Geburt meiner Tochter in dieser Zeit meines inneren Umbruchs war mein größtes Glück, denn dieses Ereignis beschied mir nicht nur ein kleines Menschenkind, das durch seine totale Abhängigkeit von mir ein Gefühl von Lebensbejahung und Gebrauchtsein weckte, sondern auch eine Auszeit von jeglichen beruflichen Verpflichtungen, die es mir ermöglichte, in aller Ruhe echte eigene Interessen zu entwickeln. In dieser Zeit begann ich, in einem Chor zu singen, beendete meine naturpädagogische Ausbildung und knüpfte sehr wertvolle Beziehungen in meinem neuen Lebensumfeld. 

Ich gelangte außerdem zur intensiven Auseinandersetzung mit den Themen Erziehung und Bildung, denn ich wollte mir darüber klar werden, was meine eigentlichen Pflichten als Mutter sind und wie ich den Bedürfnissen meiner Tochter gerecht werden kann, ohne mich selbst dabei zu vergessen. 
Mich plagte zunehmend das Gefühl, irgendetwas falsch zu machen, denn meine Tochter war ab einem Alter von etwa 18 Monaten oft quengelig und schien von Tag zu Tag unzufriedener zu werden. Je mehr ich mich bemühte, sie glücklich zu machen und bei Laune zu halten, desto unglücklicher wurde sie. Es war ein schwerer und langer Weg, bis ich begriff, dass es nicht meine Aufgabe ist, für ein permanent fröhliches Kind zu sorgen und dass ich Phasen der Frustration und Unzufriedenheit nicht unweigerlich auf mich persönlich zu beziehen brauchte. 

In meiner Liebe zu meiner Tochter vergaß ich, mein Verhalten ihr gegenüber ihrem Entwicklungsstand anzupassen. Folglich hatte ich es versäumt, ihrem immer größer werdenden Freiheitsdrang Möglichkeiten zur Entfaltung zu bieten. Ich erkannte meinen Fehler und mir wurde die Wichtigkeit des Beobachtens und ungelenkten Spielens bewusst. Ich weiß nun, dass ständiges Eingreifen ins freie Spiel und das Steuern der Aufmerksamkeit die kindliche Eigeninitiative hemmen und das Lernen negativ beeinflussen und Kinder zu abhängigen Quälgeistern mutieren lässt. 

Meine Aufgaben als Mutter umfassen nach dieser einleuchtenden Erkenntnis für mich mehr als die Liebe zu meinen Kindern und die Sicherung der Grundbedürfnisse nach Nahrung und Sauberkeit. Kinder wollen in ihrem eigenen Tempo und nach eigenen Interessen neue Erfahrungen machen. Nur dann sind sie glücklich, etwas dazugelernt zu haben. Die Freudige Beachtung ihrer Fortschritte genügt ihnen als Wertschätzung ihrer Leistungen und es bedarf keinerlei materieller oder übermäßiger verbaler Belohnung. Respektvolle und liebevolle Grenzsetzung gehört in diesem Zusammenhang natürlich dazu, um die Sicherheit der Kinder zu gewähren. 

Da die geistigen Prozesse des Lernens altersunabhängig sind und sich auch nicht mit dem Schuleintritt plötzlich verändern, hätte ich mir zu meiner Zeit eine Schule gewünscht, in der ich eine vielfältig gestaltete Lernumgebung im und um das Gebäude herum gefunden hätte. Es wären Begegnungen mit echten Menschen und Berufen möglich gewesen, nicht nur mit belehrenden Pädagogen, die ihre eigene Persönlichkeit aus Furcht vor Autoritätsverlust verstecken. Lehrpläne und Zensuren wären überflüssig gewesen, denn ich hätte mich interessanten Themen, Materialien und Menschen freiwillig und begeistert zugewendet und so intensivere Lernerfahrungen gemacht, die Wissen langfristig erhalten und nicht gleich nach einer Überprüfung wieder vergessen lassen. 

Ich will meinen Kindern meine schulische Lernerfahrung in jedem Fall ersparen, und das nich nur, weil "sie es einmal besser haben sollen als ich" (diesen Satz würden wohl alle Eltern in irgendeinem Zusammenhang unterschreiben).  
Viel wichtiger scheint mir, meine Verantwortung meinen Kindern gegenüber nachzukommen, ihre Grundrechte im schulpflichtigen Alter zu sichern, wie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Gedankenfreiheit, Versammlungsfreiheit, das Recht auf Freizügigkeit, d.h. seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Dies kann mir nur gelingen, wenn ich für sie einen Lernort finde oder schaffe, der diesen Ansprüchen auch tatsächlich gerecht wird. 

Freitag, 18. Oktober 2013

Was brauchen Kinder?

Was brauchen Kinder um frei lernen und ihre Persönlichkeit entfalten zu können? Wie kann ihre angeborene Neugier und Lernfreude erhalten bleiben?

 
Ich beobachte, dass Vergleiche mit Standards frustrieren, Lehrpläne unerfüllbare Anforderungen stellen und Ratgeber durch ihre Widersprüchlichkeit verunsichern.
Aber woran soll man sich als Erwachsener orientieren, wenn nicht an den politisch vorgegebenen Standards, Curricula und Lehrplänen oder an Erzeihungsratgebern und der "vorherrschenden Meinung"?

Es ist an der Zeit, dass wir uns fragen, worauf es denn tatsächlich ankommt, was die wahren Bedürfnisse der Kinder sind. Eine veränderte Sichtweise ist vonnöten, die nicht mehr danach fragt, wie wir Kinder zu dem machen können, was wir uns für sie vorstellen, sondern der Frage auf den Grund geht, was Kinder wirklich brauchen und wie wir sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen können.  
Zwei wesentlichen Aspekten muss unsere Aufmerksamkeit geschenkt werden:
  1. Wie können Bezugspersonen Orientierung geben
  2. Wie muss eine geschützte Umgebung gestaltet sein, in der Kinder ungestört eigene Erfahrungen machen können und die Herausforderungen bietet
In den Quellen der Seite "Was Kinder Brauchen" wird genau diesen Fragen nachgegangen.

Mein persönliches 3-Punkte-Programm

Nach wochenlanger Internet- und Literaturrecherche habe ich mich nun gefragt, was ich eigentlich selbst tun kann, um der Misere etwas entgegenzusetzen. Schließlich ist mir bewusst, dass ich als Einzelperson wohl kaum die ganze Welt retten kann.
 
Hier ist das Ergebnis meiner Überlegungen.
 
 
v     Schritt 1: "den Anfang machen"
 
  • in Dialog mit Gleichgesinnten treten
  • Befürworter bzw. unkritischen Mitläufer des bestehenden Systems auf Problematik aufmerksam machen
 
v     Schritt 2: "meiner Verantwortung als Mutter gerecht werden" 

  • nach bestehenden Möglichkeiten suchen, wie meine eigenen Kinder vor Ort freiheitlich lernen können
  • falls nötig, geeigneten Rahmen selbst schaffen, der es den eigenen Kindern ermöglicht, freiheitlich zu lernen z.B. durch Umzug oder Gestaltung einer entsprechenden Umgebung
 
v     Schritt 3: "eine neue Bildungslandschaft mitgestalten"

  • Bedingungen schaffen, die es auch nicht-eigenen Kindern ermöglicht, freiheitlich zu lernen z.B. durch:
      • Engagement für die Abschaffung der Schulanwesenheitspflicht
      • Arbeit als Lernbegleiter
      • Gründung einer eigenen „Schule“

 
Mit diesem Blog habe ich den ersten Schritt in Angriff genommen. Allein werde ich nichts verändern können und auch meinen Kindern kaum eine passende Lernumgebung zaubern können. Die Gedanken müssen sortiert, verbreitet und diskutiert werden, um Taten folgen zu lassen. Für mich ist der Freie-Bildung-Dresden-Blog Mittel zu genau diesem Zweck.

Deshalb schreibt mir eure Meinungen, Ideen und Kritikpunkte! Ich bin gespannt.

Freitag, 4. Oktober 2013

Was läuft hier schief?

Als Mutter in Elternzeit lebe ich am Rande der Gesellschaft, sogar in der geburtenreichsten Stadt Deutschlands.
 
Ich fühle mich als Außenseiterin, weil ich Dinge mit meinem Kind und nicht für mein Kind unternehmen will. Aber wo ist das schon möglich? Mein Kind wird sich wohl kaum in 20 Jahren bei mir bedanken, dass wir zusammen beim Babyschwimmen, Musikkurs, Krabbelkurs oder was auch immer waren. Wichtig ist doch nur, dass ich eine zufriedene, ausgeglichene Mutter bin. Ich will meine eigenen Bedürfnisse nicht aus falschem Pflichtverständnis vernachlässigen.
 
Ein Bauchtanzkurs für frische Muttis, bei dem auch der Nachwuchs willkommen ist, geht da schon in die richtige Richtung. (Ja, den gibt es in Dresden wirklich!) Nur sind solche Angebote äußerst selten zu finden. Meist besuchen Erwachsene in Elternzeit diverse Kurse mit ihren Sprösslingen, um „mal raus“ zu kommen und um den lieben Kleinen etwas zu bieten – sei es Unterhaltung in irgendeiner Form oder die Zusammenkunft mit anderen Kindern. 
 
Aber seien wir doch mal ehrlich: im Endeffekt ist es kleinen Kindern doch völlig egal, wo sie sind und wer da noch ist, solange ihre jeweiligen Bezugspersonen dabei sind, die einen entspannten Eindruck machen und sie die Welt entdecken lassen. 
 
Sehr deutlich kann ich fast jeden Tag auf Spielplätzen beobachten, wie Eltern und besonders Großeltern „nur das beste“ für ihre Kinder und Enkel wollen und dabei völlig aus dem Blick verlieren, was diese in Wirklichkeit viel dringender bräuchten.
 
„Komm, wir gehen auf die Rutsche! Komm, ich heb dich auf das Klettergerüst! Pass auf, dass du nicht hinfällst! Sei vorsichtig, da geht es tief nach unten! Tu dir nicht weh! Willst du nicht lieber schaukeln? Nimm doch mal die Schaufel und backe einen Kuchen!“
 
Früher oder später kann ich dann beobachten, wie das Kind entweder völlig verunsichert und ängstlich wird, einen Ausraster bekommt, der sagt „Lass mich in Ruhe!“ oder seine erwachsene Begleitung völlig ignoriert. Ich beobachte die Bemühungen der Erwachsenen und sehe gleichzeitig die Abwehrreaktionen der Kinder. 
 
Woher kommt dieses verkorkste Beziehungsverhältnis?
 
Ich kann mir vorstellen, dass einige Faktoren dahinter stecken, denen das Streben der westlichen Welt nach Fortschritt zugrunde liegt. 
 
Eltern wollen ihre Kinder vor Gefahren beschützen. Daran ist nichts Falsches zu erkennen. Doch scheinen sie nicht mehr zu wissen, was ihre Kinder eigentlich von sich aus schon alles können und wie viel Schutz sie in Wahrheit benötigen.
 
Das mag daran liegen, dass Familien nur noch einen Bruchteil ihrer Lebenszeit gemeinsam verbringen. So fehlt Eltern und andern Bezugspersonen die Zeit, ihre Kinder in Alltagssituationen zu erleben und zu beobachten und es kommt kaum noch echte gegenseitige Teilhabe an den jeweiligen Interessen des anderen zustande.
 
Die gemeinsame „freie Zeit“ wird dann mit allerlei spaßigen Unternehmungen und Aktivitäten gefüllt, die nichts mit dem wahren Alltagsleben zu tun haben und die eigentlich für niemanden wirklich notwendig sind. Doch was ist heutzutage überhaupt noch notwendig? Jagen und Feuer machen sicher nicht. In den Vordergrund rücken vielmehr Interessen und Hobbys.
Wenn ich ein Kleid nähe oder eine Hütte baue, weil mich das begeistert und daher für mich persönlich in dem Moment notwendig ist, kann ich meine Kinder auch daran teilhaben lassen, wenn sie es möchten. Im Gegenzug dessen lasse ich meine Kinder in einer für sie geeigneten Umgebung frei spielen und wende mich gelegentlich interessiert ihren Tätigkeiten zu. Nur so entsteht echte Interaktion.
Diese Form des Zusammenseins ist nicht status- oder verdienstabhängig, sie ist einfach ehrlich und beziehungsfördernd. Doch wollen Eltern ihren Kindern heutzutage ja „etwas bieten“ oder „was ganz besonderes machen“. Diese Ideen entspringen ganz klar einer Konsum- und Leistungsgesellschaft und gehen völlig an den wahren Bedürfnissen unserer Kinder nach Zuwendung und Orientierung vorbei.  

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Alternativschulen alles andere als frei


Ich frage mich, warum zahlreiche Alternativschulen ein Einfügen ins bestehende staatliche System anstreben. Widerspricht das nicht völlig dem Anspruch, eine echte Alternative zum bestehenden Angebot sein zu wollen?

Da werden an der Freien Montessorischule ab einer bestimmten Altersstufe Noten erteilt, es wird auf staatliche Schulabschlüsse vorbereitet und nach dem Lehrplan gearbeitet. Das klingt für mich alles andere als frei. Und wenn es dann noch verbindliche Stoffvermittlungseinheiten für alle Schüler einer Altersgruppe oder eine zwingende Anwesenheitspflicht bei diversen Gruppenveranstaltungen gibt, hat das für mich nichts mehr mit freiem, alternativen Lernen zu tun.

Da wird zudem den Schülern – hört, hört – die Möglichkeit gegeben, in Tages- und Wochenkreisen ihre Meinungen und Wünsche zu äußern (meist ohne dass ihre Stimmen bei Entscheidungsprozessen von Belangen wären) und dies wird dann als aktive Beteiligung am sozialen Leben in der Schule verkauft. Lernziele und Pläne werden munter ausformuliert, natürlich in Absprache mit dem Schüler – als wenn es besser wäre, ihn zu nötigen sich seines spontanen Lernweges selbst zu berauben. Dann kann man ihm auch gleich einen fremdbestimmten (Lehr-)Plan aufzwingen.

Alternativschulen müssen doch längst verstanden haben, dass man Lernen nicht vorherbestimmen kann und nur ein echter Erkenntniszuwachs entstehen kann, wenn sich die Wissensaneignung ungelenkt in alle Richtungen ausbreiten darf.

Warum nennen sich die erwachsenen Mitarbeiter einer Alternativschule immer noch „Lehrer“? Sind sie sich ihrer veränderten Rolle als Lernbegleiter und Mentoren noch nicht bewusst, wollen sie an alten Traditionen festhalten oder fürchten sie gar einen gesellschaftlichen Statusverlust?

Alternativschulen verkommen zu einem lächerlichen Abklatsch unfreier staatlicher Schulen, wenn ihre hierarchischen Strukturen nicht aufgehoben und keine echten freien Lernumgebungen für Schüler geschaffen werden.

Welche Schulen in Deutschland pflegen denn nun eine freie, demokratische Lernkultur?

Ich bin gespannt, ob es mir gelingt, diese ausfindig zu machen und gesammelt zu listen um sie von den „Quasi-unfreien“ abzugrenzen, denn es ist notwendig, Klarheit zu schaffen, an welchen Institutionen ein respektvoller Umgang mit den Grundrechten der Kinder wirklich angestrebt und umgesetzt wird und wo nicht.

Worum es geht

Folgende Aussagen sollen aufzeigen, worum es in diesem Blog zukünftig gehen wird.

Ø Bildung funktioniert auch ohne Schulpflicht

Ø Schulpflicht schränkt die Grundrechte der Kinder ein

Ø Schulanwesenheitspflicht muss verboten werden

Ø Lehrpläne unterdrücken die Persönlichkeitsentwicklung

Ø Wir brauchen eine vielfältigere Bildungslandschaft

Ø Freiheitlich-demokratische Bildungsmodelle müssen mehr staatliche Unterstützung finden

Ø Bewertungen und Benotungen generieren Konkurrenzdenken und behindern das Miteinander- und Voneinanderlernen

Ich freue mich über zustimmende wie kritische Kommentare und hoffe,
Denkanstöße geben zu können. Es muss sich etwas verändern in der
deutschen Bildungslandschaft, denn wir tragen die Verantwortung für das
Wohl unserer Kinder !