Als Mutter in Elternzeit lebe ich
am Rande der Gesellschaft, sogar in der geburtenreichsten Stadt Deutschlands.
Ich fühle mich als Außenseiterin, weil ich Dinge mit meinem Kind und nicht für
mein Kind unternehmen will. Aber wo ist das schon möglich?
Mein Kind wird sich wohl kaum in 20 Jahren bei mir bedanken, dass wir zusammen
beim Babyschwimmen, Musikkurs, Krabbelkurs oder was auch immer waren. Wichtig
ist doch nur, dass ich eine zufriedene, ausgeglichene Mutter bin. Ich will
meine eigenen Bedürfnisse nicht aus falschem Pflichtverständnis
vernachlässigen.
Ein Bauchtanzkurs für frische
Muttis, bei dem auch der Nachwuchs willkommen ist, geht da schon in die
richtige Richtung. (Ja, den gibt es in Dresden wirklich!) Nur sind solche
Angebote äußerst selten zu finden. Meist besuchen Erwachsene in Elternzeit
diverse Kurse mit ihren Sprösslingen, um „mal raus“ zu kommen und um den lieben
Kleinen etwas zu bieten – sei es Unterhaltung in irgendeiner Form oder die
Zusammenkunft mit anderen Kindern.
Aber seien wir doch mal ehrlich:
im Endeffekt ist es kleinen Kindern doch völlig egal, wo sie sind und wer da noch
ist, solange ihre jeweiligen Bezugspersonen dabei sind, die einen entspannten
Eindruck machen und sie die Welt entdecken lassen.
Sehr deutlich kann ich fast jeden
Tag auf Spielplätzen beobachten, wie Eltern und besonders Großeltern „nur das
beste“ für ihre Kinder und Enkel wollen und dabei völlig aus dem Blick
verlieren, was diese in Wirklichkeit viel dringender bräuchten.
„Komm, wir gehen auf die Rutsche!
Komm, ich heb dich auf das Klettergerüst! Pass auf, dass du nicht hinfällst!
Sei vorsichtig, da geht es tief nach unten! Tu dir nicht weh! Willst du nicht
lieber schaukeln? Nimm doch mal die Schaufel und backe einen Kuchen!“
Früher oder später kann ich dann
beobachten, wie das Kind entweder völlig verunsichert und ängstlich wird, einen
Ausraster bekommt, der sagt „Lass mich in Ruhe!“ oder seine erwachsene
Begleitung völlig ignoriert. Ich beobachte die Bemühungen der Erwachsenen und
sehe gleichzeitig die Abwehrreaktionen der Kinder.
Woher kommt dieses verkorkste
Beziehungsverhältnis?
Ich kann mir vorstellen, dass einige
Faktoren dahinter stecken, denen das Streben der westlichen Welt nach Fortschritt
zugrunde liegt.
Eltern wollen ihre Kinder vor
Gefahren beschützen. Daran ist nichts Falsches zu erkennen. Doch scheinen sie
nicht mehr zu wissen, was ihre Kinder eigentlich von sich aus schon alles
können und wie viel Schutz sie in Wahrheit benötigen.
Das mag daran liegen, dass
Familien nur noch einen Bruchteil ihrer Lebenszeit gemeinsam verbringen. So
fehlt Eltern und andern Bezugspersonen die Zeit, ihre Kinder in
Alltagssituationen zu erleben und zu beobachten und es kommt kaum noch echte gegenseitige
Teilhabe an den jeweiligen Interessen des anderen zustande.
Die gemeinsame „freie Zeit“ wird
dann mit allerlei spaßigen Unternehmungen und Aktivitäten gefüllt, die nichts
mit dem wahren Alltagsleben zu tun haben und die eigentlich für niemanden
wirklich notwendig sind. Doch was ist heutzutage überhaupt noch notwendig?
Jagen und Feuer machen sicher nicht. In den Vordergrund rücken vielmehr Interessen
und Hobbys.
Wenn ich ein Kleid nähe oder eine
Hütte baue, weil mich das begeistert und daher für mich persönlich in dem
Moment notwendig ist, kann ich meine Kinder auch daran teilhaben lassen, wenn
sie es möchten. Im Gegenzug dessen lasse ich meine Kinder in einer für sie
geeigneten Umgebung frei spielen und wende mich gelegentlich interessiert ihren
Tätigkeiten zu. Nur so entsteht echte Interaktion.
Diese Form des Zusammenseins ist nicht
status- oder verdienstabhängig, sie ist einfach ehrlich und beziehungsfördernd.
Doch wollen Eltern ihren Kindern heutzutage ja „etwas bieten“ oder „was ganz
besonderes machen“. Diese Ideen entspringen ganz klar einer Konsum- und
Leistungsgesellschaft und gehen völlig an den wahren Bedürfnissen unserer
Kinder nach Zuwendung und Orientierung vorbei.
"Am Rande der Gesellschafft" ist schon sehr hart ausgedrückt, oder? Ich glaube auch, daß viele Mütter so denken wie du. Aber irgendwie sagt`s keiner. Zu dem Thema: http://angelokelly.de/index2.php/allgemein/endlich-zuhause/#more-2149
AntwortenLöschenIch glaube, er hat genau das für sich und seine Familie gesucht, was du auch suchst. Ich finde seinen Weg jedenfalls sehr inspirieren, ganz ehrlich!!!!
Ich weiß, ich hab das alles etwas krass formuliert, aber ich hab auch krasse Geschichten gelesen in letzter Zeit. Wenn man die Möglichkeiten sieht, wie es auch anders gehen kann, dann will man gleich alles verändern. Geht nur leider nicht. Deshalb überlege ich auch, wie ich das beste aus den bestehenden Möglichkeiten machen kann, wie du ja auch. Angelo Kelly ist ein tolles Beispiel, wie es auch anders gehen kann. Er ist mit ner gehörigen Portion Mut, Selbstvertrauen und Optimismus gesegnet, die mir wahrscheinlich bis in die letzte Konsequenz fehlt. Deshalb werde ich wohl mit gewissen Einschränkungen bei der Realisierung meiner Träume leben müssen. Aber wie er sein Nest gefunden hat, ist schon toll.
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